Ein echter Nobelpreisträger war am Mittwoch zu Gast im Gymnasium Sacré Coeur Wien. Im Rahmen der Gesprächsreihe „Forum Sacré Coeur“ diskutierte der Physiker Anton Zeilinger mit Oberstufenschüler:innen über eine breite Palette an Themen aus der Welt der Wissenschaft. Statt quantenphysikalische Theorien auszubreiten, hielt er vor allem ein eindringliches Plädoyer für die Neugier und ermutigte die Jugendlichen, ihrer Begeisterung zu folgen, querzudenken und den eigenen Ideen zu vertrauen.

[Wien, 15.05.2025] Der Mittwochabend stand im Zeichen der Wissenschaft am Gymnasium Sacré Coeur Wien, das zu den Privatschulen der Erzdiözese Wien gehört: Auf dem Podium des Sophie-Barat-Saals der Schule saß der international renommierte Physiker Anton Zeilinger, spätestens seit der Verleihung des Nobelpreises 2022 weithin bekannt. Doch statt Formeln und quantenphysikalischem Fachjargon brachte der Gast Humor und vor allem „Freude am Gespräch mit jungen Menschen“ mit, wie er selbst mehrfach betonte. Mit ihm im Gespräch waren sechs Oberstufenschüler:innen der Schule.

Von Germknödeln und einem Nobelpreis

Direktorin Birgit Gmeindl-Oser begrüßte den berühmten Gast, dem Publikum vorgestellt wurde er im Anschluss durch Andreas Peham, Pädagoge und Administrator am Gymnasium Sacré Coeur Wien. Peham moderierte die Gesprächsrunde und gab auch gleich den Grundton des Abends vor. Seit Kindheit bekannt mit Anton Zeilinger, teilte er seine Erinnerungen an Skihüttenübernachtungen, in denen Zeilinger den Kindern, darunter Peham, Gute-Nacht-Geschichten erzählt und sich an der Zubereitung von Germknödeln versucht habe. Beides mit Erfolg, wie Zeilinger gerne bestätigte. Die Germknödel seien gelungen und bei seinen Geschichten seien die Kinder eingeschlafen.

Das Publikum im Sacré Coeur Wien schlief nicht ein. Und spätestens mit den Fragen der Schüler:innen ging es dann natürlich um Wissenschaft und Forschung. Aber auch hier zeigte sich der Nobelpreisträger den Abend hindurch betont bodenständig und zugänglich – und erzählte immer wieder kleine Anekdoten. So erfuhr das Publikum etwa auch, wie ein Preisträger vom Nobelkomitee informiert wird: telefonisch und nicht etwa per E-Mail. Der Herr am schwedischen Ende der Leitung habe ihm schließlich nach der Gratulation zudem noch versichert, dass das kein Scherzanruf sei. Die Replik Zeilingers, ganz Wissenschaftler: „Wie können Sie das denn beweisen?“

„Dual Use“: Das Dilemma der Wissenschaft

Doch es gab auch ernste Themen und Fragen von Schüler:innenseite — etwa zum Stichwort „Dual Use“. Wissenschaftlicher Fortschritt könne positiv, aber auch negativ — etwa für militärische Zwecke — verwendet werden. Wie sehe Zeilinger die Quantenforschung in diesem Zusammenhang? Der Physiker zeigte sich des Dilemmas bewusst. Es gebe in der Wissenschaft nichts, das nicht auch negative Folgen haben könne. Einige Dinge würden sicherlich militärisch erforscht, so Zeilinger. Er verwies hier dezidiert auf die Quantenkryptologie und forderte vor allem „politische Kontrolle“.

Ein Plädoyer für Begeisterung und Neugier

Wiederkehrendes Thema des Abends war aber insbesondere ein Thema: die Begeisterung. Für Ideen, für wissenschaftliche Forschung, für neue Richtungen im Denken. „Ich finde die Dinge, die ich gemacht habe und mache, unglaublich spannend“, erzählte Anton Zeilinger etwa im Hinblick auf Öffentlichkeit und mediale Präsenz von Forschung und Wissenschaft. „Jeder sollte die Möglichkeit haben, von diesen Dingen zu hören“, so Zeilinger weiter. Das sei für ihn immer der Grund gewesen, warum er Öffentlichkeitsarbeit betrieben habe. „Es geht einfach darum, die Begeisterung weiterzugeben.“

Seine gesamte Forscherkarriere war demnach letztlich eine Folge genau dieser großen Begeisterung: Karriere habe ihn und seine Studienkollegen und -kolleginnen nicht interessiert, erzählte Zeilinger etwa aus seinen Anfangszeiten in der Physik. Der „zentrale Motor“ für sie alle sei vielmehr gewesen, „dass man von den Dingen begeistert ist und deshalb weitermacht.“ Als wichtige Zutaten für den wissenschaftlichen Erfolg sieht Anton Zeilinger „große Neugier“ und dazu „das Vertrauen in die eigenen Ideen“. Jede Idee müsse begrüßt werden, so der Physiker. Es könne immer etwas daraus werden.

Auf Augenhöhe mit einem Nobelpreisträger

Die Schülerinnen und Schüler, die mit dem Wissenschaftler das Podium teilten, waren von dem Abend auf Augenhöhe mit einem Nobelpreisträger jedenfalls sehr angetan. Alle sechs haben das Wahlpflichtfach Physik gewählt: „Beeindruckt hat mich, wie Anton Zeilinger als Grundlagenforscher die Dinge angeht“, sagte Leo (17) nach der Gesprächsrunde. „Er arbeitet an Problemen, die es noch gar nicht gibt, weil man noch nichts darüber weiß.“ Julia (17) fand die nachdrückliche Empfehlung des Nobelpreisträgers besonders hilfreich: „Dass man seiner Leidenschaft und Begeisterung folgen soll — egal, was andere sagen.“ Auch Kimaya G. (16) ließ sich vom Plädoyer des Forschers anstecken: „Ich fand es interessant, dass Karriere gar kein Thema für ihn war, wie er erzählt hat“, so die Schülerin.

Etablierte Gesprächsreihe mit renommierten Gästen

Das „Forum Sacré Coeur“ findet seit dem Schuljahr 2003/04 statt. Im Rahmen der Gesprächsreihe sind renommierte Vertreter:innen der unterschiedlichsten Disziplinen zu Gast im Gymnasium Sacré Coeur Wien und diskutieren mit Schüler:innen der Oberstufe und dem Publikum ein aktuelles, gesellschaftlich relevantes Thema. Die Liste der bisherigen Diskutant:innen umfasst u.a. den Filmemacher und Regisseur Adrian Goiginger, die Philosophin und Publizistin Lisz Hirn, den US-Historiker Timothy Snyder von der Yale University, Zukunftsforscher Matthias Horx, den Schokoladenproduzenten Josef Zotter und den (ehemaligen) Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder.

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